Google, WhatsApp & Co erfahren viel Privates
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Smartphones und soziale Netzwerke lassen sich zwar auch ohne die Preisgabe aller vertraulicher Daten nutzen. Das Ganze ist dann aber nicht mehr so komfortabel.
Man stelle sich vor, das Bundesamt für Statistik würde Briefe mit folgender Aufforderung verschicken: «Bitte listen Sie uns Telefonnummern und E-Mail-Adressen aller Personen auf, mit denen Sie in den letzten 12 Monaten kommuniziert haben. Wir benötigen diese Angaben nur für statistische Zwecke und behandeln sie vertraulich.
Aufschrei der Empörung?
Würde das passieren, ginge wohl ein Aufschrei der Empörung durch das Land. In der Praxis übermitteln aber Millionen von Smartphone-Besitzern und Nutzer von Social-Media-Diensten genau diese Informationen an unbekannte Dienstbetreiber.
Denn sie synchronisieren ihr Adressbuch mit ausländischen Giganten von Apple bis Twitter. Sogar die Tatsache, dass die amerikanischen Behörden Hundertausende solcher kompletten Adressbücher für ihre Zwecke bei Cloud-Anbietern abgesaugt haben, dürfte an dieser sorglosen Preisgabe der Daten wenig ändern.
Verhängnisvolles Häkchen
Dass immer mehr Menschen so ihr komplettes Beziehungsnetz Fremden anvertrauen, hat aber auch mit Unwissen und Bequemlichkeit zu tun. Wer sich neu bei Diensten wie Facebook anmeldet, wird mit dem Versprechen gelockt, dass der Dienst automatisch «Freunde finde».
Dazu muss man seine E-Mail-Adresse und das zugehörige Passwort eintippen. Dies führt dazu, dass Facebook automatisch das komplette Adressbuch des Mail-Kontos zur Verfügung steht. Weil Facebook das Passwort des Mail-Kontos kennt, könnten sogar private Mails ausgewertet oder im Namen des Nutzers Mails verschickt werden.
Die Betreiber versichern aber, solchen Missbrauch nie zu begehen und auch alle Informationen vertraulich zu behandeln.
Ähnliche Konsequenzen bringen auch neu installierte Apps auf Smartphones mit sich, welche «Zugriff auf das Adressbuch» verlangen. Auch hier landen in vielen Fällen sämtliche Kontaktdaten bei einem Fremden.
Der Informationshunger der sozialen Dienste hat für den Nutzer allerdings auch praktische Vorteile. Über E-Mail-Adressen findet beispielsweise Facebook heraus, wer im Bekanntenkreis ebenfalls schon bei Facebook ist und kann diesem automatisch eine Freundschaftsanfrage senden.
Mitteilungsdienste wie WhatsApp funktionieren nicht, wenn der Dienst nicht die eigene Handy-Nummer und diejenige allfälliger Kommunikationspartner kennt. Nur so erfahren Dritte, dass man via WhatsApp erreichbar ist.
Vertraulichkeit wäre möglich
Die Datensammelwut der Dienst hat aber auch wirtschaftliche Gründe, denn die Informationen lassen sich auswerten und gar verkaufen. Technisch wäre es übrigens bereits seit Jahren möglich, Beziehungsnetze zwischen Personen zu erkennen, ohne dass diese ihre Anonymität verlieren.
Moderne Verfahren für anonyme Identifikation wurden beispielsweise in der Schweiz in den Forschungslabors der IBM in Rüschlikon entwickelt. Statt der Handy-Nummer erfährt der Dienst beispielsweise nur eine durch Verschlüsselung erzeugte Zufallszahl, die keinen direkten Rückschluss auf die echte Nummer zulässt.
Alternativen zu Cloud-Adressbüchern
Wer ein Smartphone nutzen und dennoch seine Daten möglichst privat halten möchte, muss sich allerdings mit Technik auseinandersetzen. Zwar ist es am einfachsten, seinen kompletten Adressdatenbestand vom PC in einen Clouddienst wie Google, Microsoft oder Apple zu kopieren und dann von dort wieder auf das Handy zu transferieren.
Adressänderungen im PC-Browser oder auf dem Handy werden dann automatisch synchronisiert; man hat also überall einen aktuellen Datenbestand für Adressen und auch Termine. Will man stattdessen die Kontrolle über seine Daten selber behalten, bieten sich lokale Synchronisationsprogramme wie das kostenlose Paket aus Windows-Programm und Android-App namens MyPhone-Explorer[56] an.
Die Lösung kopiert und synchronisiert Daten zwischen PC und Android-Smartphones drahtlos und automatisch. Egal ob sich die Adressen auf dem PC in Outlook, Thunderbird, oder dem Standard-Adressbuch befinden, auf Knopfdruck werden diese abgeglichen.
Eine Alternative, die auch für auf dem Apple-Betriebssystem iOS betriebenen Geräte funktioniert, ist Essential PIM[57]. Wer mit mehreren Smartphones und PC sowie mobil auf ein zentrales Adressbuch und gemeinsame Kalender zugreifen will, kann auch eine private Cloud einrichten.
Statt auf den Servern von Google befinden sich dann die Daten auf einer privaten Netzwerkfestplatte (NAS), die permanent mit dem Internet verbunden ist. Vor allem die kostenlose Lösung Owncloud ist bewährt. Wie man mit unterschiedlichsten Smartphones und Programmen die persönliche Cloud nutzen kann, beschreibt ein Ratgeber im Internet. (mw/sda)[58][59]
Erstellt: 20.10.2013, 12:57 Uhr
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